ENDLICH MAMA
Verlag | Tomus-Verlag, München
Erscheinungsdatum | 2001
LESEPROBE:
Endlich... schwanger werden wollen!
Es begann wie aus heiterem Himmel. Obwohl ... Nina hatte in letzter Zeit verdächtig oft in fremde Kinderwagen geschielt und Thomas reichlich häufig von seiner Rente geredet, die die nachfolgende Generation gefälligst zu sichern habe. Aber da zwischen Theorie und Praxis bekanntlich ein weiter Weg mit nicht geringen Widerständen liegt, war die Theorie doch ganz schon perplex, als sie plötzlich der Praxis gegenüberstand.
"Wir sollten endlich an ein Baby denken“, sagte Nina sanft, als Thomas Anstalten machte, statt zum nächsten Bier zur Fernbedienung zu greifen und die Sportschau vor der Zeit abzustellen. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Abend vorüber war und die Nacht anbrach. Und wie immer, wenn sie vor den letzten Fußballergebnissen auf die junge Ehe sank, würde es eine Nacht voll sündiger Begebenheiten werden...
"Eine gute Idee!", fand Thomas, als er seine Überraschung überwunden hatte. Der Gedanke, sich mit seiner Zeugungskraft unsterblich zu machen, schien ihm zu gefallen. Möglicherweise dachte er aber auch nur an den Zeugungsakt und nicht darüber hinaus. Männer sind ja so! Jedenfalls fand er den Vorschlag, an ein Baby zu denken, prima und machte sich gleich daran, selbigen Gedanken in die Tat umzusetzen.
„Moment!“ Nina stoppte die schmutzige Fantasie ihres noch kinderlosen Mannes. Schließlich ging es jetzt nicht mehr nur um Sex, sondern im Besonderen um dessen Folgen. „Hast du eigentlich in letzter Zeit regelmäßig deine Multivitamin-Tabletten eingenommen?“
„Wozu? Wozu brauche ich Vitamine für meine Potenz?“
„Dafür wohl nicht“, antwortete Nina mit dem sanften Blick einer Frau, deren Leib in der nächsten Stund gesegnet werden soll. „Aber um deine Potenz geht es jetzt nicht.“
„Worum dann?“
„Darum, dass wir ein gesundes Kind zeugen. Drei Monate solltest du Vitamine und Mineralien zu dir nehmen, um dein Sperma auf Vordermann zu bringen.“
„Ach, deswegen!“ Thomas hatte tatsächlich geglaubt, die Vitamintabletten, die Nina ihm verordnet hatte, sollten ausschließlich seinem Wohlbefinden dienlich sein und ihn ermächtigen, nicht nur in schöner Regelmäßigkeit seinen ehelichen Pflichten, sondern auch seinen Aufgaben im Fußballverein, Skatklub, in der Thekenmannschaft seiner Firma und als Fahnenträger des Schützenvereins gerecht zu werden. Im Übrigen war er durchaus davon überzeugt, dass sein Sperma auch ohne Vitamintabletten ganz schön auf Zack war.
„Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt“, ergänzte Nina, „dass Sperma ebenso wie Eizellen durch falsche Behandlung dramatisch an Qualität verlieren kann.“
„Also... ich hab die Vitamine ja ziemlich oft eingenommen.“ Thomas’ kurzzeitige Verunsicherung wich von ihm. „Nun erst mal ein Glas Schampus, damit wir in Stimmung kommen.“
„Schampus? Bist du verrückt geworden?“
„Ja, aber... wir trinken doch immer Schampus, wenn wir...“
„Thomas! Es geht jetzt nicht um Sex, sondern um Zeugung. Alkohol schädigt die Keimzellen. Willst du, dass unser Kind schwachsinnig zur Welt kommt?“
„Natürlich nicht. Also kein Schampus.“
„Ein Glas Wasser tut’s auch. Am besten gefiltert, man kann nie wissen. Schadstoffe und Spurenelemente können gefährlich sein. Wir müssen jetzt mit unserer Gesundheit vorsichtig umgehen.“
„Puh!“ Thomas griff zur Zigarette, um sich in Ruhe zu überlegen, ob er unter diesen Umständen überhaupt noch zeugen wollte.
„Thomas! Willst du, dass unser Kind untergewichtig zur Welt kommt? Und mit niedrigem Intelligenzquotienten? So ergeht es nämlich Babys von stark rauchenden Eltern."
Puh!", machte Thomas noch einmal, warf zunächst dem Schampus, dann der Zigarettenschachtel einen wehmütigen Blick zu und machte sich zügig an die eigentliche Sache, in der er sich sicher fühlte. Denn wie Kinder gezeugt wurden, wusste er schließlich ganz genau. Wenn er bisher auch eher stolz darauf gewesen war, dass er wusste, wie sie nicht gezeugt wurden ...
"Thomas!"
Der junge Vater in spe blickte erschrocken auf seine Unterhose, die soeben zu Boden gefallen war. Die junge Mutter in spe zeigte mit so unverhohlenem Abscheu auf das, was da auf seine Füße gefallen war, dass er schon glaubte, es gäbe da etwas Verräterisches, was an die Kleine, Schnuckelige aus dem Sekretariat erinnerte ...
"Hast du etwa in letzter Zeit ständig diese knappen Unterhosen getragen?" Nina rang die Hände. "Vor der Zeugung sollten Männer nur Boxershorts tragen. Locker sitzende Hosen, die die Hoden nicht einengen."
Thomas ließ winzige Anzeichen von Ungeduld erkennen. Wenn ein Wutanfall und der Plan der Zeugung sich nicht gegenseitig ausgeschlossen hätten, wäre er jetzt in Versuchung geraten, Nina für komplett übergeschnappt zu erklären. "Lass uns ein schönes Bad nehmen", schlug er deshalb versöhnlich vor. "Zur Entspannung."
Ninas Gesicht verfärbte sich, als hätte sie die ersten Presswehen bereits hinter sich. "Bloß kein heißes Wasser", stöhnte sie. "Das tötet die Spermien ab."
Wenn man einen Mann mit etwas erschrecken kann, dann damit, dass seine Fortpflanzungsorgane irgendwie in Unordnung geraten. Thomas musste sich ganz schön zusammenreißen, um den eigentlichen Plan nicht gänzlich aus dem Auge zu verlieren. Seine Lust war nämlich auf dem besten Wege, der angeblichen Tendenz seiner Spermien zu folgen.
"Also gut", seufzte Nina und ließ sich endlich aufs Liebeslager sinken. "Ich denke, wir können das Risiko eingehen. Aber ..." Und schon saß sie wieder senkrecht wie eine Klosterfrau. "Was wollen wir eigentlich haben? Einen Jungen oder ein Mädchen?"
"Wenn du mich so fragst ... einen Jungen natürlich. Aber im Grunde ist es mir egal." Thomas befand sich nun in jenem Zustand sexueller Erregung, wo er selbst mit der Zeugung eines Schaukelpferdes einverstanden gewesen wäre.
Das entging Nina natürlich nicht. "Richtiges Sex-Timing beeinflusst das Geschlecht. Wenn du einen Jungen willst, sollte ich auf einen Orgasmus verzichten."
"Nichts leichter als das!" Welcher Mann ist nicht erfreut, wenn er mal unverzüglich zur Sache kommen darf? Aber welcher Mann mit einem mindestens durchschnittlichen IQ will nicht trotzdem wissen, was er tut? "Wieso eigentlich?"
"Ein Orgasmus macht die Scheidenflora sauer!", verkündete Nina. "Und je saurer sie ist, desto vorteilhafter für die weiblichen Zellen. Aber natürlich ungünstig für die männlichen."
Bisher hatte Thomas keine Ahnung gehabt, dass Nina eine Scheidenflora ihr Eigen nannte. Und dass sie sauer werden konnte, das hatte er erst recht nicht gewusst. Aber er - er war jetzt sauer. Und zwar so, dass sich seine Samenzellen weigerten, seinen Körper zu verlassen, um sich in saurer Flora zu tummeln.
Thomas wollte von Fortpflanzung nichts mehr wissen. "Sex gefällt mir viel besser als Zeugung", waren seine letzten Worte, ehe er einschlief.